Animal Peace meint: Lieber Tierrechtler vor der Tür…

…als Verwandte auf dem Sofa

Animal Peace beim Zirkus Renz Manege

Eine Mahnwache gegen die Haltung von Fluchttieren im reisenden Zirkus stand gestern auf dem Pogramm von Animal Peace. Ein Gespräch der besonderen Natur war das Ergebnis. Ein gutes Gespräch wie wir fanden.

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Der Termin gestern
In den letzten Tagen gastierte der Zirkus „Renz Manege“ auf dem Elisabethplatz in Rheine. Dieser Zirkus hält keine Wildtiere, dafür aber Fluchttiere wie Esel, Pferde & Ponys ebenso wie diverse Kleintierarten. Für uns war klar, das schauen wir uns an, da suchen wir das Gespräch. Im Rahmen einer Mahnwache gegen den „Gebrauch“ von Fluchttieren im Zirkus versammelten sich AP Aktivisten und Mitstreiter befreundeter Organisationen vor dem Eingang des Traditionsunternehmens.

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Uns war klar, dass es befremdlich anmuten könnte, dass wir uns vor die Tür des Henry Renz stellen, welcher schon im Internet damit auffällt, dass er, wie er der Presse gegenüber bekannt gab, „bewusst“ auf Wildtierhaltung/-Dressur verzichtet. Während andere europäische Länder wie u.a. Österreich, Schweden, Dänemark und Finnland zumindest längst entsprechende Verbote hinsichtlich der Wildtierhaltung umgesetzt haben, fällt der deutschen Regierung eine Entscheidung zugunsten der Zirkustiere bis heute schwer. Weit über 200 Zirkusunternehmen reisen durch Deutschland und führen alle erdenklichen Wildtiere mit sich, die damit zu lebenslangem Leid verurteilt sind. Ein nicht endender Kreislauf aus Transport, engen Käfigen, Veranstaltungsstress und Dressurdrill. Ein artgerechtes Leben? Fehlanzeige, auch wenn Zirkusunternehmen wie z.B. Krone dies gerne vorgaukeln möchten.

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Der Alltag von Animal Peace beinhaltet demnach eher Unternehmen wie u.a. auch Universal Renz (Leitung Daniel Renz) – ein Betrieb, welcher kürzlich erst wieder mit kranken Elefanten & Tiger auffiel und immer wieder Schlagzeilen hinsichtlich skandalöser Zustände innerhalb seiner Tierhaltung macht. Universal Renz gehört somit ganz sicher zu den großen & traditionsreichen Zirkusunternehmen, an deren Waden wir hängen und die der Öffentlichkeit immer wieder klar zeigen, dass sie absolut uneinsichtig Tierausbeutung bis zum Allerletzten betreiben. Selbst die Veterinärämter konnten an Daniel Renz nicht mehr vorbeischauen und wurden nicht zuletzt von Tierrechtlern zum Handeln genötigt. Unzählige Skandale & Presseberichte sprechen eine deutliche Sprache.

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Wenige Zirkusgrößen wie z.B. Franz Althoff, mit dem wir jahrelang viele Gespräche führten, haben in ihrem eigenen Unternehmen der Wildtierhaltung bewusst ein Ende gesetzt. Althoff hat damals ein Zeichen gesetzt und wurde von seiner eigenen Zunft dafür natürlich nicht mit Applaus belohnt. Verständlich, hat er doch seinen eigenen Kollegen und Familienangehörigen andauernde Tierquälerei vorgeworfen. Ein Aussteiger, der sich selbst aus seiner Wandlung heraus für die Tiere an die Front stellte. Chapeau Franz!

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Henry Renz im Gespräch
Henry Renz und Franz Althoff sind sicherlich keine Brüder im Geiste, doch auch der Chef von Zirkus Renz Manege verzichtet „bewusst“ auf das Mitführen von Wildtieren in seinem eigenen Betrieb. Dafür wird er seine Gründe haben. Wir baten Herrn Renz diesbezüglich um eine Stellungnahme. Und um es deutlich vorweg zu nehmen: Es gab keine. Es gab ein langes, sehr positives Gespräch vor dem Zirkuszelt. Henry Renz nahm sich Zeit für uns und man philosophierte offen über Pro & Contra Zirkus, über Tradition und Geschichte des Zirkus, über unseren Tierrechtsgedanken, über Zukunft und Zeitgeist ebenso wie über Ethik & Moral einer ganzen Gesellschaft. Eine Aussage hinsichtlich seiner Verwandten von „Universal Renz“ und der vielleicht gemeinsamen Geschichte bekamen wir ebenso wenig wie eine persönliche Stellungnahme seinerseits gegen Wildtiernummern im Zirkus. Wir hätten sie uns gewünscht und werden sie weiter vermuten, doch werden wir niemandem diese Worte in den Mund legen. Er sprach sich nicht dagegen aus. Was Henry Renz also wirklich darüber denkt wissen wir nicht – und geben uns damit zufrieden. Was wir aber wissen: Wir trafen gestern einen freundlichen & erstaunlich offenen Zirkusdirektor, der sich trotz viel Arbeit nicht scheute lange mit uns zu sprechen. Wir trafen einen Mann randvoll von modernem Zeitgeist und einer Sorgenfalte hinsichtlich seiner eigenen Berufung. Wir trafen einen Mann, der durchaus selbstkritisch reflektiert und hinsichtlich unseres Themas manchmal „selbst mit sich streitet & diskutiert“ wie er mit einem Lächeln beschrieb. Wir trafen einen Mann mit Humor und Ernsthaftigkeit, der den Schalk im Nacken trägt und uns wirklich symphatisch war. Henry Renz ist weder verstaubt noch Traditionsergeben, aber er trägt die Geschichte einer großen Zirkusfamilie in sich, die untrennbar mit ihm verbunden ist.

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Uns trennten dennoch gestern nicht Welten und Universen.

Uns trennen vielleicht Überzeugungen, die Perspektive im Alltag, Erlerntes und Erlebtes, Einsichten und Ansichten – oder vielleicht auch nur noch die Strassenseite.

Was Henry Renz genau denkt? Wir wissen es nicht.

Wir möchten uns dennoch bedanken für diese Begegnung, die wir trotz gegensätzlicher Seiten als angenehm empfunden haben.

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Als wirklich traurig blieb Nicola Welp, AP Aktivistin,  der gestrige Satz von Henry Renz` Tochter im Gedächtnis hängen. Sie war kurz zugegen und sagte: „Ich arbeite jahrelang so hart an meinen Akrobatik-Nummern und werde dann doch am Ende der Vorstellung von Zuschauern gefragt wann denn nun endlich die Tiger und Elefanten kommen.“  Wenn das nicht schockierend ist … armes Deutschland!

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Grundsätzliches:

WARUM keine Pferde im Zirkus. Animal Peace bezieht Stellung

Wo Freiwilligkeit endet beginnt der Zwang

Schaut man sich die Zirkuswelt heute an, so besteht sie immernoch zum Grossteil aus unbelehrbaren & unehrlichen Traditionalisten mit Wildtiernummern, deren Handeln wir energisch angehen. Der Focus liegt also verständlicher Weise auf den Wildtieren – auch bei uns. Dennoch darf man beim Thema Tierhaltung im reisenden Zirkus nicht die Tiere vergessen, die zu den sog. Haustieren zählen, aber besondere Ansprüche an ihre „Haltung“ haben. Es ist nun einmal nicht möglich ein Fluchttier Pferd entsprechend seiner natürlichen Bedürfnisse in einem reisenden Zirkus zu halten. Das ist eine Tatsache, die sich letztlich ebenso wenig leugnen lässt wie es schlicht unmöglich ist ein Zebra in einem Zirkus „artgerecht“ zu halten. Allein die unzureichenden Möglichkeiten einem Pferd dort zu ermöglichen was es für seine physische & psychische Gesunderhaltung langfristig braucht, reicht aus um sich dem Thema ebenso zu verschreiben wie dem Verbot der Wildtierhaltung/-Dressur. Das Pferd, im Geschäft ein Leistungsträger auf Knopfdruck, wird um das Ausleben vieler seiner natürlichen Bedürfnisse gebracht.

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Pferde im Zirkus haben kein Leben! Zumindest keines als Pferd! Das liegt für Animal Peace auf der Hand. Ständiger Großstadt-Lärm, täglicher Veranstaltungsstress, ständiger Umzug, ein Dasein auf Beton, Boxenhaltung, kein Weidegang, zu wenig freie Bewegung, kein ausreichendes soziales Herdenleben …das ist noch längst nicht alles, was die Tiere in großen Zirkusunternehmen meist dauerhaft zu ertragen haben. Schaut man sich die natürlichen Bedürfnisse eines Pferdes an und schult sich in diesem speziellen Bereich, stellt man schnell fest dass ein Leben unter Zirkus-Voraussetzungen niemals einem Steppentier/ Lauftier/ Fluchttier/ Herdentier gerecht werden kann.

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Nicola Welp, die Pferdefrau bei Animal Peace findet dafür deutliche Worte: „Die kommerzielle Nutzung von Tieren bringt immer Leid mit sich. Ein Tier hat zu funktionieren und der ihm zugewiesenen Nutzung zu entsprechen. Seine arteigenen Bedürfnisse werden hinten angestellt oder gänzlich ignoriert. Ich schaue mir nun über zwei Jahrzehnte unzählige Zirkusshows mit Pferden an und fühle mich immer gleich unwohl. Ein Pferd im reisenden Zirkus ist ein Opfer falscher Haltung. Selbst wenn ich die Dressur bei einem Pferd durchaus pferdefreundlich gestalten kann – und ja, das geht sehr wohl, habe ich im Zuge dessen nicht das Recht dem Tier sein arteigenes Leben streitig zu machen. Die Kompromisse zu Lasten der Tiere sind zu groß. Pferde sind zudem sensible Fluchttiere, die sich dem Menschen sehr leicht ergeben und eher mit stillem Leiden aufwarten als mit für den Laien offensichtlicher Wehrigkeit.“

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Sie besteht darauf zu erwähnen, dass es ihr nicht darum geht zu behaupten, dass jede Dressur von Pferden mit Gewalt und Brutalität einhergehen muss. Die sog. Freiheitsdressur, die vielseitigen Zirkuslektionen können mit dem heutigen Wissen guter Pferdeleute auch vollkommen gewaltlos erfolgen. Das ist nicht der springende Punkt, auch wenn Frau Welp oftmals auf vollkommen hilflose Pferde trifft, denen Glanz und Persönlichkeit verloren gegangen ist und sie sicherlich Pferdetrainer im Zirkusbereich erkennt, die mit Gewalt und jeder Menge Druck am Pferd arbeiten um sichere Erfolge zu erzielen. Immerhin muss das Pferd ja jeden Tag auf Knopfdruck funktionieren- Wehrigkeit verboten. Der springende Punkt für Frau Welp und AP ist in erster Linie die „Haltung“. Darüber wird immer noch zu wenig informiert, nachgedacht. Es ist unglaublich, dass sich Pferdefachleute ausschließlich um die Art & Weise der Dressur Gedanken machen. Ist die offensichtliche Gewalt außen vor, dann ist der Zirkus scheinbar rehabilitiert.

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Es mag sicherlich gute und schlechte Pferdemenschen im Zirkus geben, doch in einem Punkt sind sie alle gleich: Sie degradieren ein Tier zu einer täglich funktionierenden Nummer und nehmen damit billigend in Kauf, dieses Tier lebenslang seiner Natur zu berauben. Ob sie es wollen oder nicht, ob sie dem jeweiligen Tier persönlich zugetan sind oder nicht. Sie kommen gar nicht drum herum.

Tiere im Zirkus leben einen Alltag, für den sie nicht geschaffen sind.

Dazu gehören neben den Wildtieren ganz ohne Frage auch die Pferde!

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Abschliessende Worte von Frau Welp:

„Ich habe mir Bilder der Show Renz Manege angeschaut und würde mich gerne noch einmal mit Henry Renz unterhalten. Es geht mir dabei nicht um ein Schaffen von Fronten, denn wir beide haben lange genug mit Pferden zu tun um die Fakten zu kennen. Ebenso kennen wir nun unsere gegensätzlichen Positionen dahingehend und daran wird sich wohl Nichts ändern. Mir wäre dennoch daran gelegen ihm nahe zu bringen z.B.  über den Einsatz der Stoßzügel nachzudenken. Sie schaden seinen Pferden nicht nur erheblich, sondern sie können mitunter lebensgefährliche Folgen haben. Er braucht sie nicht!“

Presseartikel

                     

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